DetailÜbersicht Zustell- und Abholgrosshandel. GROSSOPANEL AG

Corona-Auswirkungen auf Schweizer Agrar- und Lebensmittelmarkt

Publiziert

Im bereits zweiten Sonderbericht vom 9. Juni 2020 zur Corona-Situation zeigt der Fachbereich Marktanalyse des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW) die Folgen für ausgewählte Schweizer Agrar- und Lebensmittelmärkte auf.

Insbesondere der Monat April war geprägt von den getroffenen Einschränkungsmassnahmen des Bundesrates zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie. Das neuartige Virus hat das Alltagsleben in kurzer Zeit komplett auf den Kopf gestellt und stellt die Gesellschaft, die Politik und die Wirtschaft vor grosse Herausforderungen. Die gesamten Folgen sind auch heute noch nur schwer abzuschätzen.

Detailhandel-Mehrumsatz infolge Gastronomie- und Grenzschliessung
Mit diesem zweiten Sonderbericht wirft das Bundesamt für Landwirtschaft einen Blick auf die Entwicklungen des Angebots und der Nachfrage in ausgewählten Agrarmärkten bis Ende April. Diese Betrachtung ist insofern interessant, da der gesamte April von der Schliessung der Gastronomie und der Grenzen geprägt war und sich somit die Lebensmittelnachfrage der Privathaushalte in der Schweiz im Wesentlichen auf den Detailhandel im Inland fokussierte. Ein wichtiger Bestand- teil der vorliegenden Analyse bildet damit die Auswertungen der Daten des Marktforschungsunternehmens Nielsen zu den Einkäufen im Schweizer Detailhandel.

Der Monat April war von den getroffenen Einschränkungsmassnahmen zur Eindämmung der COVID-19-Pandemie geprägt. Insbesondere die Schliessung der Gastronomie und der Grenzen – was den Einkaufstourismus zum Erliegen brachte – führten zu einem deutlichen Anstieg der Nachfrage im Detailhandel. Der Detailhandelsumsatz für Lebensmittel inkl. Getränke belief sich im April 2020 auf rund 639 Mio. CHF, was gegenüber April 2019 einem Plus von 21 Prozent und gegenüber März 2020 einem Plus um 4,6 Prozent entspricht. Der Bio-Umsatz betrug im April 2020 etwas über 70 Mio. CHF, was einen Marktanteil von knapp 11 Prozent bedeutet.

Zustell- und Abholgrosshandel
Nicht nur die Gastronomie, auch der Zustell- und Abholgrosshandel waren von den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie stark betroffen. Die Umsätze im Food-Service-Bereich gingen im März (–20 Prozent) und im April (–47 Prozent) markant zurück. Am deutlichsten sank die Nachfrage nach Food-Service-Leistungen im Bereich der Vergnügungsgastronomie und der Hotellerie.

Die verschiedenen Sortimentsgruppen waren unterschiedlich stark tangiert. Sehr deutliche Nachfrageeinbussen verzeichneten insbesondere alkoholfreie Getränke (–51 Prozent), Frischfleisch (–49 Prozent), Früchte- und Gemüse (–45 Prozent) sowie Wurst- und Fleischwaren (–45 Prozent).

Auswirkungen auf Teilmärkte mit grossen Unterschieden
Im Unterschied zum März kam es im April kaum mehr zu Hamsterkäufen resp. einer starken Bevorratung der Privathaushalte mit Grundnahrungsmitteln wie Reis, Zucker, Teigwaren oder Speiseöl. Die Nachfrage nach Frischprodukten wie Früchte, Gemüse, Eier oder Fleisch war hingegen im April gegenüber März 2020 nochmals deutlich höher.

Gegenüber April 2019 betrug der Mehrkonsum bei Früchten rund 35 Prozent und bei Gemüse über 41 Prozent. Je nach Produktkategorie fiel die Nachfrage teilweise deutlich höher aus, so beispielsweise für Zitrusfrüchte, Heidelbeeren, Gurken oder Zwiebeln. Beim Gemüse hält sich der Wegfall der Absätze im Gastronomiekanal und der zusätzliche Konsum der Privathaushalte derzeit etwa die Waage. Diverse Detailhändler haben ihr Sortiment seit Ende April mit Schweizer Gemüse erweitert, welches für die Gastronomie angebaut wurde.

Im April verzeichnete der Export von Schweizer Käse einen deutlichen Rückgang. Aufgrund der tiefen Butterlagerbestände wurde ein zusätzliches Importkontingent von 1000 Tonnen Butter freigegeben. Aktuell vermag die erhöhte Nachfrage von Milchprodukten im Schweizer Detailhandel von 15 – 40 Prozent je nach Kategorie den Schweizer Milchmarkt zu stabilisieren.

Die stark erhöhte Fleischnachfrage im Schweizer Detailhandel vermochte den Absatzrückgang in der Gastronomie, insbesondere bei Rind- und Kalbfleisch, nicht zu kompensieren. Dies führte bis Ende April zu einem Rückgang der Produzentenpreise bei den verschiedenen Rindergattungen. Der Fleischimport von Lamm und Geflügel ging im Vergleich zum April 2019 sehr deutlich zurück, bei Rindfleisch wurde dieser nahezu ausgesetzt.

Österlicher Eierboom mit Corona-Verstärkung
Bedingt durch die getroffenen Einschränkungsmassnahmen aufgrund der COVID-19-Pandemie sowie Ostern verzeichnete der Schweizer Detailhandel im April 2020 eine Rekord-Nachfrage nach Konsumeiern (+23 Prozent ggü. April 2019). Um die erhöhte Nachfrage nach Konsumeiern decken zu können, waren deshalb zusätzliche Importe notwendig, welche über ein zusätzliches Importkontingent gedeckt werden konnten. Bei Bio-Eiern kam es zu Angebotsengpässen, die jedoch nicht über Importe gedeckt werden konnten.

Starke Kartoffel- und Mehlnachfrage stabilisiert
Die Detailhandelsabsätze von Speisekartoffeln waren im April 2020 gegenüber Vorjahr um rund 34 Prozent höher. Der deutlich geringere Mehrbedarf an Speisekartoffeln und Kartoffelprodukten im April im Vergleich zum März erklärt sich womöglich mit einer starken Bevorratung der privaten Haushalte im März. Der Wegfall der Gastronomie und der zusätzliche Konsum der Privathaushalte halten sich in etwa die Waage. Die enorme Nachfrage nach Mehl im Detailhandel in der zweiten Märzhälfte hat sich im April auf tieferem Niveau stabilisiert.

Im Vergleich zum April 2019 betrug der Mehrkonsum im April 2020 rund 75 Prozent. Gegenüber März 2020 wurde im April 2020 rund 40 Prozent weniger Mehl nachgefragt, was mit einer starken Bevorratung im März erklärt werden kann. Die Verfügbarkeit von inländischem Brotgetreide ist gut.

Zweiter Sonderbericht zu ausgewählten Schweizer Agrar- und Lebensmittelmärkten Der vollständige Sonderbericht vom 9. Juni 2020 mit detaillierten Angaben zu den einzelnen Märkten inklusive verschiedener Preis- und weiterführenden Datenreihen sind online verfügbar.

❱ Informationen: www.blw.admin.ch/blw/de/home/markt/marktbeobachtung.html

Conradin Bolliger Maiolino Leiter Fachbereich Marktanalyse des Bundesamts für Landwirtschaft (BLW)