Verlauf der gesteuerten Horizontal-Spülbohrung für die externe Seewasserleitung unterhalb Kirchgasse/Obere Kirchgasse in Meilen. GOOGLE MAPS, EDITOR: MARKUS MÜLLER

Der Bohrkopf inkl. Gestänge, der sich zwei Mal 450 Meter von der Midor AG runter zum Zürichsee gebohrt hat, um die externen Seewasserleitungen zu erstellen. MARKUS MÜLLER (MIDOR AG)

Einzug einer Rohrleitung in eine der beiden neu erstellten Bohrungen vom Zürichsee hoch zur Midor AG. MARTIN WEBER (ENERGIE 360° AG SCHWEIZ)

Midor AG – Praxisreport Nachhaltigkeit

Publiziert

Die Fernwärme-Nutzung des Seewassers bei Meilen (ZH) sorgt in den Medien für Schlagzeilen in den Abendnachrichten. Wesentlicher Treiber des Projekts ist unter anderem die Midor AG. Der aktuelle Praxisbericht zeigt die Eckpunkte der zugrunde liegenden Nachhaltigkeits-Strategie auf.

«Das gesamte Projekt Seewassernutzung wurde von der Midor AG initiiert», bestätigt Markus Müller als verantwortlicher Energiemanager der industriellen Produzentin von Biscuits, Glacen und Snacks auf Nachfrage.

Mit Energie 360° konnte die Midor AG einen passenden Partner finden, der die Installation ausserhalb der Produktionsgebäude erstellt und über das entsprechende, langjährige Know-how verfügt. Aufgrund einer Machbarkeitsstudie im Jahr 2017 erfolgte im April 2019 der definitive Umsetzungsentscheid seitens der Migros-Industrie-Verantwortlichen. Konkret besteht das Kooperationsprojekt in einer neuen Wasserleitung von der Midor AG runter zum See, wo das unterirdische Pumpenhaus derzeit erstellt wird. Markus Müller erklärt das Prinzip: «Wir nutzen das kalte Seewasser zur Rückkühlung all unserer Kälteanlagen. In einem ersten Schritt wird es zudem zur Raumkühlung unserer Lüftungs- und Klimaanlagen verwendet.» Als weiterer positiver Nebeneffekt kann die so abgeführte Abwärme zum Heizen von umliegenden Liegenschaften genutzt werden, wobei für Planung, Umsetzung und Betrieb Energie 360° verantwortlich ist.

Zeitgemässe Kälte- und Wärmetechnik
Innovation und zukunftsfähige Technologie ist bei der Midor AG angesichts der vielfältigen Anforderungen auch betriebsintern gefragt. Für die Produktion von Biscuits und Snacks stehen fünf Strom-Backstrassen und sechs Gas-Backstrassen in den Gebäuden 1–3 zur Verfügung. Die Herstellung von Ice Cream erfolgt im Gebäude 4, wo im Untergeschoss eine grosse Kältezentrale mit total 2700 Kilowatt Kälteleistung zur Verfügung steht. «Mit jeweils drei Schraubenverdichtern produzieren wir so Kälte mit einem Temperaturniveau von –46 °C, –36 °C und –8 °C für die Ice-Cream-Produktion. In der Backwarenproduktion sind für die Herstellung von Eiswasser mit 2 °C, die wir im Eisspeicher mit den Ausmassen 2 × 70 Kubikmeter einlagern können, sowie für die Prozess- und Raumkühlung < 6 °C zwei Schraubenverdichter mit je knapp 400 Kilowatt im Einsatz», erläutert Markus Müller.

Für die Herstellung von Klimakaltwasser 6 °C zur Kühlung von Produktions-, Lager- und ein paar wenigen Büroräumen von etwa Mitte März bis Mitte Oktober stehen bei uns heute noch zwei McQuay-Turbokompressoren mit total 1750 Kilowatt Kälteleistung im Einsatz. Mit zwei Aussentanks mit Flüssigstickstoff stellen wir die Prozesskühlung unserer Produkte im Kältetunnel, dem Schockfroster und weiteren Anlagen sicher. Das Heisswasser produzieren wir mittels Gaskessel und die Warmwasser-Aufbereitung stehen zwei Wärmepumpen zur Verfügung, mit denen wir heute schon die Abwärme der Kälteanlagen nutzen können.

Ökologische und ökonomische Vorteile
Dank dem neuen Projekt der Seewassernutzung ergeben sich mit Blick auf die technischen Bedürfnisse konkrete Vorteile. Markus Müller zeigt die wichtigsten Eckpunkte auf: «Wir rechnen mit Einsparung von 20 000 Kubikmeter Frischwasser pro Jahr, die wir aktuell für die Nachspeisung der Kühltürme benötigen, die die Abwärme der Kälteanlagen an die Umgebung abgeben. Zudem sparen wir rund 650 000 kWh elektrischer Energie, weil wir die beiden Turbokompressoren, die unser 6 °C-Klimakaltwasser herstellen, in Zukunft nicht mehr benötigen. Wir können das Seewasser ‹direkt› zur Kühlung unserer Räumlichkeiten nutzen.» Weitere Vorteile resultieren aus den jährlichen Einsparungen der Unterhaltskosten der Kühltürme und der beiden Turbokompressoren für Klimakaltwasser.

Die neue Infrastruktur bringt auch konkrete produktionstechnische Vorteile, wie Markus Müller erklärt: «Wir erwarten ein konstanteres Temperaturniveau bei der Rückkühlung unserer Kälteanlagen unabhängig von der Aussentemperatur und -feuchte. Zudem entstehen aufgrund der wegfallenden Kühltürme die Dampfschwaden über den Dächern der Midor.» Bei gewissen Kälteanlagen ermöglicht die Nutzung von Seewasser tiefere Kondensationstemperatur. Dank dem effizienteren Betrieb wird gleichzeitig weniger elektrische Energie zur Erzeugung von Kälte benötigt.

Ständiger Optimierungsprozess
Im Bereich Energie tüfteln die Midor-Verantwortlichen aktuell an weiteren technologischen Fortschritten bei der Umsetzung eines zukunftsorientierten Wärmekonzepts. «Uns schwebt vor, dass wir sämtliche Heizprozesse mit unserer Abwärme der Kälteanlagen bedienen können mittels entsprechender Wärmepumpe. Der Gaskessel würde dann ganz wegfallen», so Markus Müller zu einem der wichtigsten Elemente.

Midor und Nachhaltigkeit

Grundsätze:

  • effiziente Nutzung von Energie und von Rohstoffen
  • sorgsam ausgewählte und nachhaltig erzeugte Rohstoffe
  • faire Arbeitsbedingungen
  • zukunftsweisende Innovationen bei Verpackungen, Technologien und Prozessen
  • genussvolle und gesunde Köstlichkeiten


Zielsetzung bis 2040:

  • 100 % nachhaltige Rohstoffe
  • 100 % erneuerbare Energien
  • 100 % Recycling


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