Moringa-Frischpflanze. VITARBO AG

Ralf Schönung, Verwaltungsrat, CEO, Vitarbo AG. VITARBO AG

Protein-Extraktion aus Moringa-Blättern – grosses Potenzial dank Prozessoptimierung

Publiziert

Das in Arbon (Schweiz/TG) ansässige Unternehmen Vitarbo AG beschäftigt sich seit 5 Jahren mit der Nutzung der Pflanze Moringa für Lebensmittelzwecke. Das Einsatzpotenzial ist vielfältig.

Angesicht der wachsenden Weltbevölkerung, des Klimawandels und des steigenden Bedarfs an hochwertigen Lebensmitteln, gewinnen pflanzliche Proteine zunehmend an Bedeutung. Neben Soja, Reis, Getreide, Erbsen, Linsen und einigen andern pflanzlichen Proteinquellen, sind weitere Alternativen in den Lebens- und Futtermittelindustrien gesucht.

Das in Arbon (Schweiz/TG) ansässige Unternehmen Vitarbo AG, beschäftigt sich seit 2013 mit der Nutzung und Vermarktung von Moringa (Moringa oleifera) für Lebensmittelzwecke. Unbehandelte, getrocknete Moringa-Blätter werden als Rohstoff in der Gewürz- und Tee-Branche angeboten oder das fein gemahlene Blatt-Pulver wird als nährstoffreiche Nahrungsergänzung und als Zutat in neuen Rezepturen der Lebensmittelindustrie eingesetzt.

Die auch als «Meerrettichbaum» bekannte Pflanze wächst am besten in tropischen Regionen mit viel Sonne. Unter guten Bedingungen kann 6–8 Mal pro Jahr geerntet werden. In einem Anbau- und Produktionsmodel konnte der doppelte Proteinertrag im Vergleich zu Soja ermittelt werden. Daher legt die Vitarbo AG den Schwerpunkt ihrer Aktivitäten auf die Gewinnung von hochwertigem Protein aus den frischen Blättern der Pflanze.

Ralf Schönung, CEO der Vitarbo AG, fasst die Vorteile der vielseitigen Moringa-Anwendungen auf: «Alternative, neue Proteinquellen werden in der Lebensmittelindustrie gesucht, das zeigen uns immer wieder Gespräche auf internationalen Messen und mit Lebensmittelherstellern.» Pflanzliche Proteinquellen werden nach Einschätzung von Ralf Schönung immer wichtiger, zumal die Produktion von Fleisch an ihre ökologischen Grenzen stosse. Moringa eigne sich ausserdem für neue Anwendungsbereiche mit wachsender Nachfrage, ergänzt Ralf Schönung: «Ein Pflanzenprotein aus Moringa sehen wir in Zukunft in hochwertigen Produkten zum Beispiel im Bereich Aufbau- und Diäternährung oder in sogenannten Low-Carb-Produkten, die mehr pflanzlichen Proteinanteil in ihre Rezeptur bekommen wollen.»

Innosuisse-Projekt mit Berner Fachhochschule
Nach erfolgreichen Vorversuchen und dem Aufbau von Know-how im Bereich Proteingewinnung, wurde zusammen mit Hochschule für Agrar-, Forst und Lebensmittelwissenschaften, einem Departement der Berner Fachhochschule (BFH-HAFL), ein Innovationsprojekt ausgearbeitet und hierzu eine staatliche Förderung seitens der Schweizerischen Agentur für Innovationsförderung (Innosuisse) beantragt.

Ende März wurde dieses Gesuch seitens Innosuisse bewilligt. Für die kommenden drei Jahre steht für das gemeinschaftliche Forschungsvorhaben ein Gesamtbudget von CHF 700 000 zur Verfügung. Das seitens Innosuisse geförderte Projekt «Molein – Moringa Leaf Protein» wird im Sommer 2020 starten und ist für drei Jahre geplant. Die beteiligten Teams um Prof. Daniel Heine (Lebensmittelfermentationen) und Prof. Dr. Christoph Denkel (Lebensmittelverfahrenstechnik) verfügen über breites Know-how und die Expertise zur Gewinnung und Analyse sowie Strukturierung und Aufwertung von pflanzlichen Proteinen. Zusätzlich ist ab Mitte 2020 eine Doktorandenstelle geplant.

Proteingewinnung optimieren
Ziel des Projektes ist es, einen industriell skalierbaren Prozess zur Proteingewinnung zu entwickeln. Durch aufeinanderfolgende Verarbeitungsschritte entstehen verschiedene proteinreiche Produkte mit unterschiedlichen sensorischen und funktionellen Eigenschaften, welche sich für den Einsatz in der Lebens- oder Futtermittelindustrie eignen. Angestrebt ist die Nutzbarmachung von über 70 % des gesamten Blattproteins. Gemeinsam mit dem Forschungspartner Agroscope (Forschungsgruppe Kulturen, Biodiversität und Terroir) wird hierbei auch die Möglichkeit des Einsatzes von Fermentationen für eine höhere Funktionalität des gewonnenen Proteins untersucht.

Im Rahmen der untersuchten Proteingewinnung aus Moringa-Blättern werden Prozesse zur gezielten Zerkleinerung, Abtrennung von pflanzlichen Fasern sowie schonenden Aufreinigungsverfahren entwickelt werden. Des Weiteren werden biologische Verfahrensstrategien wie der Einsatz von Fermentationen und Enzymatik für eine Aufwertung der pflanzlichen Proteine eingesetzt. Ziel ist die Gewinnung von Proteinpulvern unterschiedlicher Reinheiten (60 – 80 % Proteinanteil) und Löslichkeiten, idealerweise mit optimalen sensorischen Eigenschaften (hell, neutral).

In verschiedenen Arbeitspaketen beschäftigt sich das Forschungsteam mit der Proteingewinnung, der Proteincharakterisierung, der Aufwertung von anfallenden Nebenprodukten, der Übertragung auf den technischen Grossmassstab sowie der geschäftlichen Umsetzung. Im Verlaufe des Projekts sind Muster für Anwendungstests vorgesehen, die für Produktentwicklungen herangezogen werden können.

Offen für neue Anwendungen
Das Forschungsprojekt wird mit hoher Wahrscheinlichkeit auch neue Anwendungsbereiche ermöglichen, wie Ralf Schönung, CEO der Vitarbo AG mit Blick auf die Zukunft ergänzt: «Wir haben zwar heute schon eine gute Vorstellung, in welchen Produkten das Moringa-Protein seinen Platz finden kann, wir sind aber sehr offen für frische Ideen und innovative Entwicklungen. Partnerschaften aus dem Bereich Lebensmittel-Produzenten oder mit Technologie-Herstellern könnten die Projektentwicklung bereichern und beschleunigen und die kommerziellen Erfolgschancen für beide Seiten steigern.»

www.vitarbo.com